Was die Berliner Politk von unserem Bündnis lernen kann

Unsere Forderungen für eine sozial gerechte und sinnvolle Rekommunalisierung

Im Falle eines großen Paketkaufs wie unserem zeigt sich, dass die Frist von nur 2 Monaten für die Durchsetzung des bezirklichen Vorkaufsrechts zu kurz ist, um Lösungen für alle, oft unterschiedlichen Häuser und Mieterinnen zu finden.
Wir fordern die Verlängerung der Vorkaufsfrist auf 6 Monate.

Es gibt keine ausreichende rechtliche Handhabe, um Häuser per Vorkauf zu rekommunalisieren, die nicht in Gebieten mit Erhaltungssatzung liegen, für die also kein Milieu-schutz gilt. Außerdem ist die Bestimmung und Ausweitung der Gebiete mit Milieuschutz vom politischen Willen in den Bezirken abhängig.
Wir fordern, dass alle Häuser, unabhängig vom Milieuschutzkriterium, die von einem börsennotierten Unternehmen und damit als Spekulationsware gekauft werden sollen, per Vorkauf an gemeinnützige Dritte überführt werden.


Auch die Ausübung des Vorkaufsrechts selbst ist vom politischen Willen in den Bezirken und damit von parteipolitischen Interessen abhängig. Die Realisierung des Vorkaufs ist vom politischen Engagement einzelner Politikerinnen abhängig. Es gibt keine landesweit einheitliche Linie.
Wir fordern, dass das Land Berlin eine Koordinierungsstelle für Rekommunalisierung einrichtet, die dafür sorgt, dass die Bezirke in Vorkaufsfällen einheitlich agieren und keine Häuser in weniger progressiv geführten Bezirken vernachlässigt werden.


Im Falle unserer 23 Häuser hat ein privater Immobilieninvestor mit der Deutsche Wohnen einen 90 Mio € Deal ausgemacht und.die Kaufpreise für die Häuser mit Speku-lationslogik festgelegt. Die gemeinnützigen Dritten können diesen Kaufpreis nicht nachverhandeln, wenn sie den Vor-kauf ausüben wollen. Das erschwert die Rekommunalisie-rung enorm.
Wir fordern, dass gemeinnützige Dritte beim Vorkauf des Hauses bzw. der Häuser zum Verkehrswert und nicht zum Kaufpreis der Spekulant*innen kaufen können.


Wohnungsgenossenschaften zeigen viel Bereitschaft und Mühe bei der Rekommunalisierung unserer Häuser. Doch sind die im Doppelhaushalt des Landes beschlossenen finanziellen Mittel und Kreditmöglichkeiten für Genossenschaften so begrenzt, dass sie keine ausreichende Förderung erhalten können, um ohne größere Summen an Eigenkapital der Mieterinnen der Häuser den Vorkauf ausüben zu können. Das ist ein Risiko und eine Belastung der Mieterinnen und bedingt, dass vor allem sozial Schwächere weniger Chancen auf rekommunalisiertes Wohnen haben.
Wir fordern die Erhöhung des Landesbudgets für den Ankauf durch Wohnungsgenossenschaften und zudem eine Umlage des Budgets für Neubau zum gemeinnützigen Ankauf, wenn sich abzeichnet, dass innerhalb der bestehenden Legislatur das Budget für Neubau nicht ausge-schöpft werden wird.


Die landeseigenen Wohnungsunternehmen entscheiden sich vermehrt nur nach dem Kriterium der Wirtschaftlichkeit für oder gegen den Vorkauf eines Hauses. In Anbetracht der Fehler, die das Land Berlin in den vergangenen zwei Jahrzehnten gemacht hat, indem es landeseigene Wohnungsunter-nehmen privatisiert hat und damit den Ausverkauf der Stadt und die Gentrifizierung vorangetrieben hat, muss das Land endlich die Verantwortung ernst nehmen, diese Fehler zu beheben und die Rekommunalisierung ernsthaft umsetzen.
Wir fordern, dass die landeseigenen Wohnungsunter-nehmen ihrer Pflicht nachkommen und im Sinne der Stadt und ihrer Bevölkerung so viel Wohnraum wie irgendmöglich kommunal bereitstellen. Jenseits der Wirtschaftlichkeit sollen sie das Kriterium des Schutzes der sozialen Struktur zur Priorität erklären und per Ankauf den Lebens-raum der Menschen und die Kiezstrukturen sichern.

23haeuser@posteo.de

#23HäusersagenNEIN

FB/Twitter/Insta: @23haeuser

Nachbarn bleiben – für mehr Mietgefühl

Unter Geiern

Mieter*innen-Echo | 304 | 2004

Julia Oppermann

Die GSW, das Land Berlin und der dreiköpfige Höllenhund Cerberus.

Noch ist der Vertrieb von Hedge Fonds in Deutschland nicht zulässig, doch ist das für Sarrazin, Fugmann-Heesing und Co. kein Grund, einem Hedge Fonds Berliner Wohnungen verweigern zu wollen. Hedge Fonds sind das gegen-wärtig letzte Produkt kapitalistischer Geschäftemacherei. Mit klassischer‚ Mehrwertproduktion hat das alles nichts mehr zu tun, aber viel mit Aas-geierei. Wobei den nützlichen Vögeln durch solchen Vergleich großes Unrecht angetan wird. Denn trotz ähnlichen Existenzprinzips wirken Aasgeier der Verwesung entgegen, Hedge Fonds hingegen führen sie herbei indem sie nur die lukrativen Partien ihrer Beute verwerten.


Ulric Papendick schreibt im Manager Magazin über den sehr erfolgreichen Hedge Fonds Cerberus: »Der Name passt. Feinbergs Firma Cerberus Capital Management hat sich auf ein Geschäft spezialisiert, mit dem andere Finanz-institute wenig zu tun haben wollen. Be-teiligungsfonds wie Cerberus investieren mit Vorliebe in Unternehmen, die kurz vor dem Bankrott stehen. Die Methoden der Fonds-manager suchen selbst an der wenig zim-perlichen Wall Street ihresgleichen. Die Investmenthäuser kaufen den Kreditgebern von Pleitekandidaten die Schulden ab und über-nehmen als größter Gläubiger die Kontrolle im Unternehmen. Dann verkaufen sie die Firmen weiter – oder sie schlachten sie aus. „Vultu-res“, Geier, wird diese Spezies von Investoren im Finanzjargon genannt. Ein Begriff, der sowohl die Funktion der Branche als auch ihre Vorqehensweise treffend beschreibt.«

Offenbar sind solche »Geier« gerade der richtige Verhandlungspartner für die Spezies von Politikern, die mit unverkennbar morbider Lust soziales Kapital der Vernichtung zuführen, indem sie es auf den Markt schmeißen und folgerichtig hat der Höllenhund aus New York auch für die GSW (Gemeinnützige Siedlungs-und Wohnungsbaugesellschaft Berlin mbH) geboten.

Abgaben zu Gunsten des Haushalts
»Entwickelt und getestet haben die Geier-Fonds ihr fundamental-kapitalistisches Ge-schäftsmodell – wie könnte es anders sein – in den USA. Von den Unternehmen, die ihnen dort unter die Krallen gekommen sind, ist oft kaum noch etwas übrig geblieben,« so das Manager Magazin weiter.

Man muss dem Höllenhund Gerechtigkeit widerfahren lassen. Er kann nur dort wirken, wo ihm zuvor der Boden bereitet worden ist. Ein Unternehmen muss bereits zum Sanie-rungsfall geworden sein, bevor die Leichenfledderei beginnt und dass dies bei den Berliner Wohnungsbaugesellschaften der Fall ist, geht nicht zulasten von Cerberus, sondern gehört u.a. zu den Verdiensten des ehemaligen – inzwischen selbst dem politischen Hades überantworteten – Stadtentwicklungssenators Peter Strieder.

Anstatt die Wohnungsbaugesellschaften politisch zu kontrollieren, zu ordentlichem und sozialen Arbeiten anzuhalten, dienten diese einer Senatspolitik, die selbst nur von der Hand in Mund lebte, als auszuweidende Objekte. Zwar gehören alle Gesellschaften dem Senat, aber eine Gesellschaft musste die andere kaufen und den Erlös abführen. Außerdem mussten Sonderdividenden durch den Kauf von virtuellen Grundstücken geleistet werden. Alles in allem konnte man auf diese Weise 1,8 Mrd. Euro des Gelds, das sich unter anderem durch die Mieteinnahmen angesammelt hatte, den Wohnungsbaugesellschaften entziehen.

Und weil auch das nicht reichte, wurden sie kostenpflichtig in die abenteuerliche Berliner Stadtentwicklungspolitik eingespannt, wie zuletzt die DEGEWO (Deutsche Gesellschaft zur Förderung des Wohnungsbaues, gemeinnützige Aktiengesellschaft) bei dem über-flüssigen sich in der Planung befindenden Renommierprojekt, dem Multifunktionszentrum zwischen Jannowitzbrücke und Alexander-platz.


»Einer der reichsten Geier-Fonds weltweit«
Den Erfolg dieser Politik konnten die Unternehmensberater von Ernst und Young, deren globale Aufgabe darin besteht, der Privatisierung von öffentlichem Vermögen weltweit den Anschein von Vernunft zu verleihen, nicht ohne Süffisanz in ihrem von der Senatsverwaltung in Auftrag gegebenen Bericht konstatieren und die immer gleiche Empfehlung, die sowieso jeder, insbesondere ihr Auftraggeber, von ihnen erwartet hatte, aussprechen: Die Gesellschaften seien so überschuldet, da helfe nur, sie an private Investoren zu verramschen.


Auf die privaten Interessenten, die Gebote abgegeben haben, können die Verkäufer Sarrazin, Fugmann-Heesing und Co. stolz sein. Es waren neben dem Pensionsfonds Lone-Star, der sich schon in Hellersdorf eingedeckt hatte, der Finanzjongleur Soros und eben der letztlich erfolgreiche Hadeswächter Cerberus.

Gegründet wurde das traditionsreiche Unternehmen 1992 von dem damals 32-jährigen Stephen Feinberg. Ulrich Papendick weiß im Manager Magazin mitzuteilen: »Der Höllenhund ist einer der reichsten Geier-Fonds weltweit. Und Feinberg einer der reichsten Finanzakrobaten: 1999 tauchte der Princeton-Absolvent, damals 39, mit einem geschätzten Privatvermögen von 274 Mio. Dollar auf der »Fortune«-Liste der 40 reichsten Amerikaner unter 40 auf. Seit der Gründung des Fonds hat Cerberus 25 Mrd. Dollar in etwa 300 Unternehmen rund um den Globus investiert. Die Firma zählt unter anderem den ehemaligen US-Vizepräsidenten Dan Quayle zu ihren Beratern.«

Sozial gesehen, ist es sicherlich zu begrüßen, dass der Ex-Vize-Präsident nicht gänzlich arbeitslos geworden ist. Aber in New York, dem Firmensitz hat er nur noch ca. 200 Kollegen. In Deutschland, wo eigens djr Cerberus Deutschland GmbH zu dem Zweck gegründet wurde, über drei bis vier Mrd. Euro hauptsächlich im Immobilienbereich zu ver-senken, sind bisher ganze 17 Beschäftigte mit dieser verantwortungsvollen Aufgabe betraut.

Ihr Geschäftsführer Ralph Winter, Senior Vize Präsident, erläuterte unlängst die unterneh-merischen Kalkulationen. Modernisierungen und Instandhaltungen mit entsprechenden Mieterhöhnungspotenzialen erschienen mit großen Risiken behaftet. Der Markt für Ver-käufe aller Art, seien es einzelne Wohnungen, Wohnanlagen oder ganze Pakete an private Investoren oder Genossenschaften sei wegen schwacher Nachfrage z. Zt. eher skeptisch einzuschätzen, von Steuervorteilen könne man nicht allzu viel halten und Investitionsver-pflichtungen seien keine unternehmerische Chance, sondern eine Bedrohung des Profits.
Aber die Kosten- und Renditestruktur der GSW ist für Cerberus von großem Interesse. Kosten verursacht die Verwaltung und da zeigen sich deutliche Einsparungspotenziale und Rendite bringen die Mieten, die bei der GSW noch längst nicht ausgeschöpft sind.
Alles in allem sind die Perspektiven für Cerberus freundlich. Die Mieter/innen werden mittelfristig sicherlich mit Mieterhöhungen zu rechnen haben und eine Reihe der Be-schäftigten der GSW können demnächst ihre Arbeitskraft auf dem Arbeitsmarkt anbieten.

Aber dennoch eine Bilanz, die in den Privatisierungspolitikern dieser Stadt gewisse Glücksgefühle hervorrufen muss, denn in Frankfurt gibt es schon jetzt 17 Arbeitsplätze mehr.